Akute Bergkrankheit - Höhenkrankheit

Mit Kleinkindern auf der Zugspitze?

Lebensraum Hochgebirge

Die fast uneingeschränkte Mobilität dank der touristischen Erschließung entlegener und teilweise unwirtlicher Regionen unseres Planeten, verführt immer öfter, sich sorglos den Gefahren extremer Lebensbedingungen auszusetzen. So ist das Leben auf der Zugspitze in 2962 m Höhe zweifelsohne rauh und in vieler Hinsicht für unseren Organismus gewöhnungsbedürftig. Ein Säugling, Kleinkind oder Kind könnte grundsätzlich unter optimalen Bedingungen auch in einem solchen Lebensraum zurechtkommen. Die enorme Umstellung, die vom Organismus in einer derartigen Hochgebirgsregion in kürzester Zeit verlangt wird, ist im Kleinkindesalter aber noch nicht ausreichend möglich.

Temperaturen

Durchschnittlich nimmt die Lufttemperatur 5 Grad pro 1000 Höhenmeter ab. Die Windgeschwindigkeiten nehmen in Gipfellagen erheblich zu. Die Zugspitze ist ein Gletschergebiet, die Gipfelstation der Seilbahn ist ganzjährig von Schnee und Eis umgeben. Die Kinder müssen sich also in wenigen Minuten von den milden klimatischen Verhältnissen in Garmisch-Partenkirchen, auf Temperaturen im Bereich von 0 Grad und darunter, bei oft heftigen Windverhältnissen umstellen. Dazu kommt die Hautkrebs-fördernde kurzwellige UV-Strahlenbelastung, die aufgrund des geringeren Ozonschutzes und der Strahlenreflexion durch Schnee und Eis stark erhöht ist.

Luftdruck

Auch der Luftdruck nimmt pro 1000 Höhenmeter um 10 bis 15% ab - während er sich z.B. bei verschiedenen Wetterextremen (Hochs und Tiefs) nur um maximal 10% verändert. Entsprechend dem sinkendem Luftdruck kann unsere Lunge aber auch nur weniger Sauerstoff aus der Höhenluft aufnehmen. Die Sauerstoffkonzentration im Blut sinkt daher ebenfalls um 10% pro 1000 Höhenmeter. Im Falle der 2962 m hohen Zugspitze nimmt der Sauerstoffgehalt in Blut und Gewebe ohne Gegenregulationsmaßnamen um 25% ab. Selbst gesunde Erwachsene können ab einer Höhe von 2500 m Gesundheitsprobleme bekommen.Auch im Bereich der Mittelohren führt das rasche Absinken des Luftdruckes zu Umstellungsproblemen der Druckverhältnisse. Dies kann zu starken Ohrenschmerzen und sogar einer Trommelfellperforation führen.

Anpassungsprobleme

Im Normalfall versucht unser Körper so rasch wie möglich das geringere Sauerstoffangebot der Höhenluft auszugleichen. Schon in körperlichen Ruhephasen beschleunigen sich Atmung und Herzschlag, der Blutdruck steigt. Durch den sogenannten Euler-Liljestrand Reflex verengen sich aber auch die Lungengefässe (d.h. "Spareffekt" bei vermindertem Sauerstoffdruck), was zu einer weiteren Herz-Kreislauf-Belastung führt.

Erst nach Tagen kann sich der gesunde erwachsene Organismus auf diese veränderten Bedingungen einstellen, etwa durch eine verbesserte Sauerstoffaufnahme im Blut und eine vermehrte Produktion roter Blutkörperchen. Säuglinge und Kleinkinder sind dazu noch nicht in der Lage. Durch die vermehrte Atmung und Kreislauftätigkeit benötigen wir in Höhenlagen auch vermehrt Flüssigkeit. Während die Erwachsenen hierbei rasch durch vermehrtes Trinken und einer geringeren und konzentrierten Urinproduktion gegenregulieren können, ist dies im Kleinkindesalter ebenfalls nicht ausreichend möglich.

Gesundheitliche Voraussetzungen

Die verringerte Sauerstoffzufuhr in das Gewebe kann im Falle (noch unbekannter) Organerkrankungen schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen. Säuglinge haben ohnehin deutlich weniger rote Blutkörperchen, als Schulkinder und Erwachsene und damit auch weniger Sauerstoff-Transportmöglichkeiten für eine ausreichende Organversorgung unter extremen Bedingungen. Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systemes, der Lunge oder auch der Nieren können in allen Altersstufen in Höhenlagen über 2500 m zu einem erheblichen Gesundheitsproblemen führen. Im Alter von sechs Monaten sind aber solche Erkrankungen oftmals noch unentdeckt.

Gefahren-Zeichen

Die sogenannte Höhen-Krankheit zeigt sich anfangs durch Krankheitssymptome wie Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Schlaflosigkeit aber auch Benommenheit. Diese Symptome können aber beim Säugling übersehen oder zu spät wahrgenommen werden.

Kindgerechte Förderung

Die Förderung unserer Kinder sollte in erster Linie altersgerecht sein. Der Reiz des Hochgebirges erschließt sich einem Kleinkind geschweige denn einem Säugling sicherlich noch nicht. Die Muskulatur, der Knochenbau und auch die Geschicklichkeit sind für Kletterwege, Eisplatten, Geröll etc. noch nicht gereift. Die zahlreichen Gefahren, wie Steinschlag, Absturzgefahr, Kälte, Strahlung etc. können von Kindern noch nicht erkannt werden. Letztendlich verbringen Säuglinge den Gebirgstag in einem Trage-Rucksack (Kraxe) ohne viel Aussicht, ohne Bewegung und frierend. Mit einer altersgerechten Entwicklungsförderung hat ein derartiger Abenteuerurlaub nichts zu tun.

Im Kleinkindesalter werden Ausflüge über 1500 Höhenmeter nicht empfohlen.