Phimose - Vorhautverengung - Vorhautverklebung

Phimose - Vorhautverengung - Vorhautverklebung

Anatomie

Der Penis besteht im vorderen Anteil aus der Eichel, den hinteren Anteil bezeichnet man als Penisschaft. Die Eichel lässt sich durch eine gut (sicht- und) tastbare ringförmige Einkerbung (dem sog. Sulcus coronarius) vom Penisschaft abgrenzen.

Vorhautverklebung beim Baby u. Kind

Üblicherweise lässt sich die männliche Vorhaut (Präputium) zum Zeitpunkt der Geburt und im Säuglingsalter noch nicht verschieben. Die Schleimhäute der Vorhaut und die des Penis sind noch miteinander verschmolzen. In vielen Fällen löst sich die Vorhaut (Präputium) zwischen dem 1. und 4. Lebensjahr selbstständig von der Eichel ab. In einigen Fällen dauert der Ablösungsprozess bis in die Pubertät hinein. Die Vorhautverklebung ist eine sinnvolle Einrichtung der Natur. Sie bietet gerade im Windelalter einen natürlichen Schutz vor Entzündungen der Eichel (Balanitis). Gelegentlich kann man auch erbsengroße Smegma-Ansammlungen unter der Vorhaut feststellen. Sie sind keimfrei und erfordern keinerlei Maßnahmen. Vorhautverklebungen haben im Kleinkindesalter keine Krankheitsbedeutung.

Vorhautverschieblichkeit beim Baby u. Kind

Bis zum Pubertätsalter (ab ca. 10. Lebensjahr) muss sich die Vorhaut vollständig von der Eichel gelöst haben. Die Vorhaut lässt sich dann über die gesamte Eichel bis zur Präputialfalte, dem Sulcus coronarius (s.o.), also dem Beginn des Penisschaftes zurückschieben. Da das männliche Glied durch den zunehmenden Hormoneinfluss der Pubertätsphase wächst und sich bei der Versteifung auf ein Vielfaches vergrößert, muss die darum liegende Vorhaut ausreichend dehnbar und verschieblich sein. Einerseits ist dadurch die notwendige tägliche Reinigung der Eichel gewährleistet. Zum anderen kann eine Vorhautverengung zu gefährlichen und äußerst schmerzhaften Einklemmungen des Gliedes (Priapismus) führen.

Echte Vorhautverengungen

Im Normalfall soll der Harnstrahl von Beginn an kräftig, geradlinig und nicht gefächert sein. Bei sanfter Dehnung der Vorhaut sollte die Harnröhrenmündung an der Eichelspitze ab dem ersten Lebensjahr sichtbar sein. Häufig findet man eine rüsselförmig vergrößerte Vorhaut, die sich im späteren Alter meist gut aufdehnen lässt. Hier ist ein früher operativer Eingriff nicht notwendig. Problematischer sind weiße Narbenstränge an der Vorhautspitze. Die Unterscheidung zwischen entwicklungsbedingten und echten Vorhautverengungen lässt sich nur durch einen erfahrenen Fachmann treffen.

Der richtige Zeitpunkt der Beschneidung

Da die Geschlechtsentwicklung in den soziokulturellen Bewertungen z.T. magisch überhöht, oder tabuisiert ist, findet man wenig medizinisch begründete Empfehlungen zur richtigen Entwicklungsbeurteilung. Hierzulande wird die Empfehlung zur Beschneidung (Zirkumzision) häufig sehr früh abgegeben. Das Argument, die Vorhautoperation aus psychischen Gründen im Vorschulalter vorzunehmen, ist wissenschaftlich nicht begründet. Während in einigen Ländern eine rituelle Beschneidung bereits im Säuglingsalter vorgenommen wird (Islam, Teile der U.S.A., Afrika, etc.), werden in den skandinavischen Ländern notwendige Beschneidungen erst in der Pubertät durchgeführt. Dies hat eine wesentlich geringere Operationshäufigkeit zur Folge. Die seltenen ausgeprägten Phimosen (s.o.) sollten während der üblichen Kinder-Vorsorgen diagnostiziert und rechtzeitig operiert werden. Die Beurteilung einer ausreichend dehnbaren und verschieblichen Vorhaut kann bei jedem Knaben in der Vorpubertät (8. bis 10. Lebensjahr) erfolgen. Leider wird dies selten wahrgenommen. Älteren Jugendlichen fällt aus Scham ein unbefangener Umgang mit medizinischen Fragen zu ihrem Glied und auch der Gang zum Arzt schwer. Doch führt die unbehandelte Vorhautverengung in diesem Alter zu nicht unerheblichen Ängsten und Selbstwertzweifeln.und Ernstfall zur akuten Einklemmungskomplikationen mit großen Schmerzen.

Alternative Behandlungsmaßnahmen

Viele Kinderärzte berichten über gute Heilerfolge der Vorhautverengung mit Salbentherapien. Ich setze sie ab dem frühen Schulalter ein. Die Erfolgsrate liegt bei 60% bis 80%! Bei der natürlichen Trennung zwischen der Eichel und Vorhaut im Entwicklungsalter, bildet sich eine Kortisol-reiche Gleitschicht, das sogenannte Smegma. Daher wird die verengte Vorhaut therapeutisch mit einer gering konzentriertenSteroidsalbe eingecremt und über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen vom Patienten täglich gedehnt. Die Verwendung von Salben mit Östrogenbeimischung, (z.B. Estradiol-Salbe , Ovestin), ist wegen der unzureichend erforschten hormonellen Nebenwerkung auf das Hodengewebe umstritten. Grundsätzlich werden die Salbenbehandlungen unter fachärztlicher Begleitung und nicht länger als sechs Wochen durchgeführt.

Reinigung im Baby- / Kindesalter

Penis und Penisspitze sollten im Säuglings- und Kleinkindesalter mit Wasser, gegebenenfalls auch mit milden Waschlösungen (Kamille) sachte gereinigt werden. Mit zunehmender Verschieblichkeit der Vorhaut wird auch die Eichel mitgereinigt. Ab dem Pubertätsalter sollte die Eichel täglich von Smegmaresten (mit Wasser und Seife) gereinigt werden (dient u.a. der Vorbeugung eines Gebährmutterhalskrebses bei der Sexualpartnerin). Weiter unter: Vorhautentzündung / Balanitis.

Behandlungsmöglichkeiten u. Operationstechniken der Phimose / Vorhautverengung

Zur Behandlung einer Phimose im Wachstumsalter gibt es eine Vielzahl von Therapiemöglichkeiten operativer und nichtoperativer Art. Leider werden die Eltern und betroffenen Kinder hierzulande selten umfassend und sachgerecht vor einer Phimose-Behandlung aufgeklärt.

Auswahl der Phimose-Operationen

Grundsätzlich ist bei der Wahl der Operationstechnik die Beschneidung (Zirkumzision) von den sogenannten vorhauterhaltenden Operationstechniken zu unterscheiden.

Bei der Beschneidung gibt es die Wahl der totalen Entfernung der Vorhaut bis hin zum Penisschaft. Dies hat eine komplette Freilegung der Eichel (Glans penis) und oft auch die gleichzeitige operative Entfernung des nervenreichen Vorhautbändchens (Frenulum) zur Folge.
Nicht weiter erwähnen möchte ich die sogenannte Plastibell-Methode, bei der die Vorhaut über einer Plastikglocke abgebunden wird, bis sie aufgrund der mangelnden Durchblutung abstirbt und nach Tagen abfällt. Eine mittelalterliche Methode, die nichts mit einer kunstgerechten Operation zu tun hat. Trotz der beträchtlichen postoperativen Komplikationsrate wird sie hierzulande in einigen Regionen immer noch angewendet.

Da sich die Vorhautverengung stets im vorderen Drittel befindet, gibt es selbstverständlich die alternative Möglichkeit einer Teilbeschneidung. Die Vorhaut wird bei einer Teilbeschneidung nur soweit gekürzt, wie es die Entfernung der Engstelle notwendig macht. Sehr oft reicht es aus, 20% oder 50% der Eichel freizulegen. Auch das Frenulum kann bei dieser Technik ohne weiteres erhalten werden.

Weniger bekannt sind die Möglichkeiten der vorhauterhaltenden Operationstechniken. Die einfachste ist die sogenannte Dorsalinzision. Die Vorhaut wird dabei über der Engstelle durch einen Schnitt gespalten. Eine wenig eingreifende Methode, mit meines Erachtens kosmetisch unbefriedigendem Ergebnis. Anspruchsvoller und kosmetisch durchaus befriedigend sind Operationstechniken bei denen die Vorhautengstelle ebenfalls gespalten wird, und anschließend wieder quer vernäht wird. In Fachkreisen gilt die sogenannten Triple Inzision als effektiv und kosmetisch sehr zufriedenstellend. Zu guter Letzt gibt es noch die sogenannten Schwenklappen-Technik: hier wird überschüssige Haut in den Bereich der Engstelle zur Vorhauterweiterung eingepflanzt.

Bewertung der Operationstechniken

Ist eine operative Erweiterung der Vorhautverengung unumgänglich und ein sinnvolles Operationsalter erreicht, so erscheint mir die Teilbeschneidung, oder auch die vorhauterhaltende Triple Inzision die beste Wahl. Von erfahrenen Fachkräften durchgeführt, gewährleisten beide Methoden eine weitgehend effektive Behebung der Engstelle mit einem kosmetisch zufriedenstellenden Ergebnis. Die Komplikationsraten sind bei den anderen Techniken meines Erachtens deutlich höher. Eine qualitativ schlecht durchgeführte totale Beschneidung kann erhebliche lebenslange Missempfindungen beim Patienten auslösen (z.B. Spannungen am Penisschaft, Überempfindlichkeit / Empfindungsverlust an der Eichel, Trockenheitsgefühl, Schmerzen beim Beischlaf, Amputationsgefühl, u.a.). Zudem können (im Gegensatz zu den anderen Methoden) nach einer Totalbeschneidung nur schwerlich Korrektureingriffe vorgenommen werden.

Phimoseoperationen - kritisch beleuchtet

In den skandinavischen Ländern, in denen eine Operation meist erst im frühen Teenageralter durchgeführt wird (8. - 12. Lebensjahr), ist die Zahl der Operationen um 2/3 niedriger. Schließlich ist die Vorhautverengung ein naturgegebener Zustand bei über 90% der Neugeborenen, bei vierjährigen Jungen noch in über 10%, bei Zehnjährigen in 3% - 5%. Daher gibt es immer wieder Stimmen, die anmahnen, daß hierzulande häufig zu früh und oft auch zu "radikal" operiert werde.

Merke: zum Eintritt der Pubertät muss die Vorhautverengung effektiv und bleibend behoben werden! Eine Einklemmung des erigierten Penis durch die eigene Vorhaut ist eine fürchterliche, hochakute medizinische Komplikation (Paraphimose). Doch nicht das (hierzulande übliche) Vorschulalter, sondern die Vorpubertät und das frühe Teenageralter sind der Zeitpunkt zur jugendärztlichen Kontrolle des reifenden Genitales und auch ein idealer Operationszeitpunkt bei bestehender Notwendigkeit.

Nichtoperative Phimosebehandlung

Auch die nichtoperativen Behandlungsmethoden der Vorhautverengung besitzen eine Erfolgsrate von 60% bis 80%! Bei der natürlichen Trennung zwischen der Eichel und Vorhaut im Entwicklungsalter, bildet sich eine Kortisolreiche Gleitschicht, das sogenannte Smegma. Daher wird die verengte Vorhaut therapeutisch mit einer Steroidsalbe eingecremt und über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen vom Patienten täglich gedehnt. Manche Kinderärzte setzen hierfür auch Hormonsalben ein.

Fazit

Das im Grunde genommen sehr komplexe Thema einer zufriedenstellenden Behandlung der Vorhautverengung, lässt sich in Kürze hier keineswegs vollständig erörtern. Ich rate Ihnen einen erfahrenen Kinder- und Jugendarzt zur gründlichen Beratung aufzusuchen. Meines Erachtens sollten dabei ein möglichst später Operationszeitpunkt, und Behandlungsmethoden mit möglichst geringer operativer Radikalität eingehend erörtert werden. Nutzen Sie die Möglichkeit, die die jugendärztliche Vorsorgeuntersuchung J1 zur ausführlichen Erörterung bietet.